Figuren Magazin

Timpo Toys Ltd.

 

Alfred Plath (2005): Timpo Toys Ltd. Die Goldenen Jahre einer schottischen Spielzeugfabrik. Bocholt. (223 Seiten).

Endlich verfügt die deutschsprachige Sammlergemeinde von Timpo-Figuren über ein Nachschlagewerk in eigener Sprache. Am 30. November wurde es auf der Figurenbörse in Herne erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und fand gleich reißenden Absatz. Es ist schon etwas ganz Besonderes, was der Autor und Herausgeber, Alfred Plath aus Alpen, hier der Sammlerzunft vorstellt. Reichlich mit meist farbigen Abbildungen sowie einer Fülle von Recherche- und Forschungsreise-Ergebnissen ausgestattet präsentiert sich das Werk auf einem satztechnisch ausgesprochen hohen Niveau.

Das Werk ist in insgesamt 14 Hauptkapitel untergliedert. Nach einer Danksagung an Helfer und Beitragende sowie einem Vorwort mit Benutzeranleitung widmet sich das erste Kapitel der spannenden Lebensgeschichte des Gründers von TIMPO TOYS, dem aus Frankfurt am Main stammenden Salomon Gawrylovitz. Als Jude musste er vor den Nazis fliehen und kam mittellos in London an, wo er als Ally Gee Karriere und TIMPO zu einer Weltfirma machte. Im zweiten Kapitel über das "Art & Design Department" vom TIMPO lässt der Autor eine "Bombe platzen", indem er - neben einer Reihe anderer beeindruckender Insider-Informationen - belegt, dass die Wikinger der Swoppet-Serie als eines der letzten Figurensets, die TIMPO herausbrachte, in der Grundkonzeption eigentlich viel älter sind, streng genommen sogar älter als das Swoppet-Figurenkonzept insgesamt. Ursprünglich waren sie wohl als Teil der bekannten "Actions Packs" gedacht.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit TIMPO-Formen und deren Verbleib. Dabei wird klargestellt, welche Formen sich heute in Sammlerhand befinden und woran man die darin entstehenden rezenten Nachgüsse von originalen alten Teilen unterscheiden kann. Ein Kapitel, das diejenigen, die ggf. vorhatten, demnächst für die gesuchten mexikanische Banditenköpfe größere Summen zu investieren, sicher aufhorchen lassen wird.

Im vierten Kapitel berichtet schließlich der Insider, John Landon jr., über die schottische Zeit von TIMPO. Für Alfred Plath war Herr Landon eine wesentlich Hilfe bei seinen Versuchen, Recherchematerial zur Geschichte der schottischen Spielzeugfirma zusammenzutragen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Enthüllung, dass das arbeitsintensive Zusammenstecken von TIMPO-Figuren teilweise an öffentliche Anstalten ausgelagert worden war. So z. B. an Einrichtungen für psychisch Kranke. Vielleicht versprach man sich von der Beschäftigung mit Steckfiguren ja auch einen Rehabilitationserfolg, obwohl man heute bei einigen Sammlern den Eindruck haben könnte, als würde damit eher eine gegenteilige Wirkung erzielt.

Die beiden folgenden Kapitel beschäftigen sich mit der Boom-Phase von TIMPO zwischen dem Ende der 60er und der Mitte der 70er Jahre. Die geschäftlichen Rahmenbedingungen sowie die Kontakte zu anderen Firmen werden darin ebenso beleuchtet, wie Werbemittel, Ausstellungsstücke, Musterkoffer und TIMPO-Anzeigen in europäischen Zeitschriften. Besonders in diesen Kapiteln offenbaren sich die ungeheure Hartnäckigkeit mit der Plath seine Recherchen betrieben hat und der Fleiß, mit dem er immer neue Informationsquellen erschlossen hat. Die Darstellung seiner Forschungsarbeit in den Archiven der Zeitschrift "Das Spielzeug" legt dafür beredtes Zeugnis ab.

Nachdem der Autor das sich abzeichnende Ende von TIMPO TOYS beleuchtet und dabei u.a. gravierende Management-Fehler offen gelegt hat, lässt er die Totgeglaubten über TOYWAY wieder auferstehen. Zunächst wird dann auf die zahlreichen Replikate und Nachbauten eingegangen, die mit und ohne Lizenz TIMPO-Produkte imitierten. Offenbart wird eine globale Gemeinde von Plagiatoren, wobei sich allerdings dem Leser nicht ganz erschließt, was die deutsche Firma PLASTY und der englische Hersteller CHERILEA (S. 124-125) mit TIMPO-Produkten zu tun haben.

Nach dem Motto "ein gutes Buch muss aufgebaut sein wie guter Sex: das Beste sollte am Schluss kommen", steigert sich die Lesefreude in der letzten Drittel des Buches zum Höhepunkt. Auf den Seiten 131 bis 151 kommt, was sich jeder insgeheim sehnlichst erhofft hat: die Vorstellung seltener Farbvarianten. Dort sehen wir z.B. einen Mexikaner mit weißer Weste und grünem Hemd, den Topfhelmritter mit Morgenstern in hellblau, Römer mit schwarzen Calligulae, Südstaatler mit schwarzem Gürtel, eine braune Gatling-Gun und einen Dr. Tripple in brauner Ausführung!

Im Anschluss daran wird in einem eigenen Timpologen-Kapitel Sammlern die Gelegenheit gegeben, sich und ihre Leidenschaft vorzustellen. Sammelschwerpunkte, Vorlieben, Berichte aus der "Guten alten Zeit" und Infektionsbefunde, die berichten, wie man zum Sammler wurde, werden darin auf ausgesprochen sympathische Weise vorgestellt. Therapeuten, die etwas über Sammelpsychosen suchen, können hier sicher reichhaltiges Promotionsmaterial finden, oder sie fangen schließlich selbst an zu sammeln.

Mein persönliches Lieblingskapitel ist das über "Umbauten von Alfred Plath". Eigentlich müsste es "Umsteckungen" heißen, denn im Gegensatz zu anderen Converters hat der Autor neue Kreationen nicht durch Zerschneiden und Zusammenkleben geschaffen, sondern allein durch phantasievolles Umstecken von Einzelteilen aus verschiedensten Sets. Die Fülle an neuen Kreationen belegt dabei nicht nur das offenkundige Vorhandensein eines reichhaltigen Ersatzteilfundus in der Plath´schen Sammlung, sondern vor allem auch die beeindruckende Phantasie des Neuschöpfungswillens. Vieles von dem hier Gezeigten hätte TIMPO seinerzeit selbst noch umsetzen können, wäre man nur auf die entsprechenden Ideen gekommen. Besonders beeindruckt hat mich der Eskimo, der mit seinem Boot mit Motorschaden liegen geblieben ist und versucht, es wieder in Gang zu bringen (S. 199).

Alfred Plath hat mit "TIMPO TOYS Ltd." ein beeindruckendes Werk zu diesem Thema vorgelegt. Ohne überschwänglich zu urteilen, lässt sich sicher schon jetzt konstatieren, dass hier ein Buch herausgebracht wurde, das in der Sammlerzunft schnell zum Standartwerk werden wird.

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Datum: 18.11.2005
Autor: Andreas Dittmann

 

Leserkommentare

Mitglied , 05.03.2008: weihnachten 2006 bekam ich das buch als geschenk, 
war fast ein gefühl wie früher wenn man timpo jean und co zu weihnachten bekam...klasse!!! 
nur schade zu lesen warum und das der hersteller in die pleite gegangen ist...(wie andere steckfigurenhersteller wie elastolin hausser und plasty leider auch). 
tolles buch, 
danke alfred!

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