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Wildwestkutschen von Timpo Toys

von von Andreas Dittmann und Rainer Maul
 

In den letzten Jahren ist die Timpo-Sammlergemeinde stetig gewachsen. Waren in den 80er Jahren nur vereinzelte Sammler unterwegs, so trifft man heute auf vielen Flohmärkten oder Spielzeugbörsen sowohl altbekannte Jäger als auch neu hinzugekommene Greenhorns, die von der gleichen Leidenschaft beseelt sind. Normalerweise besteht die erworbene Ausbeute solcher Veranstaltungen aus Figuren oder Zubehörteilen des Timpo-Standardrepertoires. Die Highlights einer jeden Timpo-Sammlung sind jedoch neben seltenen Figuren und Zubehörteilen vor allem die begehrten Farbvarianten.

WANTED TO ANY CONDITION

Mit "Wanted to any condition" (= gesucht zu jeder Bedingung) oder "we are prepared to pay what ever is asked for" (= wir sind mit jedem Wahnsinnspreis einverstanden) sind manche der besonders verzweifelten internationalen Suchanzeigen überschrieben. Gesucht werden dann meist teile, die ohnehin jeder Timpo-Sammler hat, nur eben nicht in einer bestimmten Farbe oder Farbkombination. Unter dem Begriff "Farbvarianten" werden hier solche Stücke verstanden, die von der üblichen und häufigeren Farbgebung des bei Timpo verwendeten Weichplastiks abweichen. Gemeint ist also hier immer die Farbe des Plastiks, nicht etwa eine Bemalung oder Ähnliches.

    


Der Küchenwagen mit der seltenen lila-farbenen Plane.

Dieser Beitrag versucht, sich dem Thema seltener Farbvarianten bei Timpo über das Sammelgebiet der Wildwest-Kutschen zu nähern. Das besondere Augenmerk liegt dabei auf den ausgefalleneren Stücken. Es muss an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, daß hier kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Die Gemeinde der Timpomanen ist ausdrücklich dazu aufgerufen, eigene Erfahrungen mitzuteilen und über ggf. nicht genannte Farbvarianten "ordnungsgemäß Meldung" zu machen.

Allgemein gibt es zwar eine ganze Reihe von Literaturquellen, in denen immer wieder auch die ein oder andere außergewöhnliche Figur oder ein weniger häufiges Zubehörteil beschrieben und zum Teil auch abgebildet wird, aber eine systematische Zusammenstellung von selteneren Abarten und Varianten aus dem Bereich der sog. "Timpo Specials" fehlt bislang.

 
 

Zum Einstieg sollen hier einige seltenere Kutschen-Varianten aus der Wildwest-Serie von Timpo beschrieben werden. Dazu erscheint es notwendig, zuerst die verschiedenen Normalversionen kurz vorzustellen. Die meisten Sammler unterscheiden bei den Kutschen drei Versionen:

Erste Version:

In der 1. Version wurden von Timpo nur die Postkutsche und der Planwagen produziert. Charakteristisch für diese beiden Fahrzeuge sind in dieser frühen Version:

  1. der Querbalken am Ende der Deichsel, an welchem die Pferde mit Hilfe eines v-förmigen Geschirrteils angespannt wurden;
  2. die fehlende Bodenplatte;
  3. die bemalten Geschirrteile (z.B. Scheuklappen);
  4. je zwei Löcher in jeder Seite der Pferde zur Befestigung des Geschirrs;
  5. die relativ breiten Räder mit unterschiedlichen Raddurchmessern bei Vorder- und Hinterrädern;
  6. der Drehkranz mit Achse und einer unbeweglichen, rechteckigen Deichsel in einem Stück;
  7. ein Ausgleichsstück, das oberhalb des Drehkranzes auf einen Zapfen am Wagenboden gesteckt wurde. Dieses Teil war wegen der kleinen Vorderräder notwendig, um die Kutschenwanne annähernd waagrecht zu halten.

Zweite Version:

Auch in der 2. Version gibt es nur den Planwagen und die Postkutsche. Es ist davon auszugehen, dass infolge der allgemeinen Erweiterung der Produktpalette an diesen beiden Kutschen Änderungen vorgenommen werden mussten, um sie mit neuen Teilen kompatibel zu machen. So wurde u.a. die charakteristische Querstange am Ende der Deichsel entfernt und das Ende der Deichsel zylindrisch geformt. Weiter fielen dieser Anpassung die v-förmigen Geschirrteile zum Opfer. Sie wurden durch ein neues Geschirrteil ersetzt. Dieses besteht aus einem großen Ring in der Mitte (der auf das zylindrische Ende der Deichsel passt) und zwei kleineren Ringen, die rechts und links jeweils über ein Verbindungsstück mit dem großen Ring verbunden sind. Die kleineren Ringe werden an einem Zapfen an der Brust der neuen Pferde befestigt.

    

Die neu modellierten Pferde haben eine gemeinsame Bodenplatte und sind nicht mehr bemalt. Ihr Geschirr ist bereits in der von Timpo entwickelten Overmoulding-Technik angebracht. Erwähnt werden sollte, dass es ab der 2. Version auch zwei verschiedene Körperhaltungen von laufenden Zugpferden gab. Pro Kutsche wurde jeweils ein Paar gleicher Pferde ausgeliefert. Es ist davon auszugehen, dass die 2. Version der Kutschen nur eine Zwischenlösung war, bis schließlich die 3. Version eingeführt wurde.

Dritte Version:

Die 3. Version umfasst das gesamte Sortiment der bekannten Wagen und Kutschen. Außer den völlig neuen Fahrzeugen dieser Serie wurden auch die schon aus der 2. Version bekannte Postkutsche und der Planwagen weiterverwendet. Daran wurden abermals kleinere Modifikationen vorgenommen. Beide Kutschen bekamen einen neuen Drehkranz mit Achse und erstmals eine höhenverstellbare Deichsel. Da man dabei auf das Ausgleichsstück verzichten konnte, musste auch der Zapfen an dem der Drehkranz befestige war, entsprechend angepasst werden. Außerdem ersetzte man die alten Räder durch neue schmalere Räder. Beim Planwagen wurden noch zusätzlich Kutschbock und Plane überarbeitet. Einschließlich der überarbeiteten Oldies umfasst die Produktpalette der dritten Version insgesamt folgende Fahrzeuge:

  • Planwagen (modifiziert aus der 2. Version),
  • Postkutsche, zweispännig (modifiziert aus der 2. Version),
  • Überland-Postkutsche, vierspännig,
  • Flachwagen,
  • Küchenwagen,
  • Gefängniskutsche,
  • Feuerwehrkutsche,
  • Buggy,
  • Surrey,
  • Wunderdoktor-Kutsche,
  • Sanitätskutsche.

Im erweiterten Sinn könnten auch die Geschützzüge hinzugerechnet werden, diese sollen aber in einem gesonderten Kapitel behandelt werden.

 
 

Bekannte Varianten und Abarten:
 

Lindgrüne Postkutsche: Bekanntermaßen besitzt die Postkutsche von Timpo normalerweise ein gelbes Kutschengehäuse. Aber es gibt auch eine Version, bei der dieses in einem helleren Grünton hergestellt wurde: die so genannte "Lindgrüne Postkutsche". Es handelt sich dabei um eine Postkutsche der ersten Version1. Sie besitzt noch die breiteren Räder und den Querbalken am vorderen Ende der Deichsel. Wie für die 1. Version typisch hat das Gespann keine Bodenplatte und das Geschirr der Pferde ist teilweise bemalt. Der Farbton des Kutschgehäuses ist am besten mit der grünen Farbe Flagge der 7th US-Kavallerie (der ersten Version) zu vergleichen. Diese Flaggenfarbe wird von Michael Maughan in "The A to Z of TIMPO"2 als "lime green" (Lindgrün) bezeichnet. Die anderen Steckteile der Kutsche (Sitzbänke, Dach, Kutschbock und Fahrgestell) sind, wie bei fast allen Postkutschen, in rot, schwarz oder braun gehalten.

Postkutsche mit grünen Türen: Bekannt ist noch eine weitere so genannte "Grüne Postkutsche". Grün ist in diesem Fall ist nicht das Kutschengehäuse, sondern nur Kutschbock, Türen und Dach. Es muss hervorgehoben werden, dass es sich beim Grünton dieser Teile um eine andere Färbung als bei dem zuvor beschrieben lindgrünen Kutsche handelt. Die Färbung ist am besten mit der der üblichen Bodenplatten für Figuren und Pferde zu vergleichen. Die Postkutsche mit grünen Türen gehört zur zweiten Version von Kutschen die Timpo auf den Markt brachte. Sie zeichnet sich noch durch die breiteren Räder und die starre viereckige Deichsel aus. Der Unterschied zur ersten Version bilden die überarbeiteten Pferde des Gespannes. Sie werden nun mit einem angegossenen Geschirr und einer separaten Bodenplatte produziert. Auch ist der Querbalken an der Spitze der Deichsel bereits nicht mehr vorhanden. Ebenfalls wurden auf dem Dach vier Zapfen angebracht, um Gepäckstücke befestigen zu können. Der Kutscher hat bei dieser Version bereits eine Peitsche in der rechten Hand.


Der Planwagen der zweiten Version als seltene Farb-variante mit schwarzem Fahrgestell, schwarzen Fässern und schwarzem Kutschbock.

Gefängniswagen: Die Gefängniswagen kamen ab 19703 auf den Markt. Gewöhnlich wurden diese Wagen in hellblau hergestellt. Die weiteren Teile (Dach, Rückseite, Wagentür, Treppe) wurden entweder in Rot oder Schwarz gespritzt. Zu beachten ist die graue Farbe der Einspannvorrichtung an der Vorderachse mit Drehkranz sowie der Hinterachse. Außergewöhnliche Gefängniswagen sind beige und/oder haben anstelle des grauen ein weißes Fahrgestell. Auch die Räder sind weiß. Im Timpo-Katalog von 1974 ist auf S. 18 in der abgebildeten Blisterpackung Nr. 30262 "Gefängnisausbruch" aus der sog. "Neuen Überfallserie" eine solche Kutsche abgebildet.

Beim Zugpferd der Gefängniskutschen handelt es um ein weniger häufiges Exemplar. Dargestellt ist ein schlankes, relativ hochbeiniges Pferd im Schritt. Das Pferd ist sowohl mit Geschirr als Zugtier als auch ohne Geschirr als Reittier belegt. Die gleiche Körperhaltung kommt auch als "Mustang" u.a. beim Corral ohne Bodenplatte und Zaumzeug vor. In Michael Maughans "The A to Z of TIMPO" ist es als Reitpferd eines römischen Offiziers4 zu sehen. Hier hat es eine Bodenplatte und Zaumzeug sowie Vertiefungen in den Seiten für die Zapfen der Reiterbeine. Dieses Pferd stellt mit Geschirr eine sehr schöne und seltenere Alternative zum üblichen Zugpferd dar. Den Autoren ist es bisher nur als beiges und weißes Pferd mit hellbraunem Geschirr bekannt.

Das übliche Zugpferd des Gefängniswagens gibt es ebenfalls in zwei Farb-Ausführungen. Die Standartausführung ist weiß mit hellbraunem Geschirr. In der Körperhaltung entspricht es dem Reitpferd der Scots Guards. Sowohl Zugpferd als auch Reitpferd haben beide die gleiche graue Bodenplatte. Weitaus seltener ist das normale Zugpferd in dunkelbraun oder in schwarz mit rotem Geschirr zu finden.

Die rote Doktorkutsche: Die Kutsche des Wunderdoktors und Kurpfuschers "Dr. Tadeus Tripp" ist ohnehin nicht häufig, mit rotem statt gelbem Wagengehäuse ist sie jedoch noch seltener anzutreffen. Im Kontrast zum roten Wagengehäuse sind bei der roten Variante Vorderseite, Dach, Rückwand sowie die Seitenklappe aus zitronengelbem Kunststoff hergestellt. Die Kutsche des Dr. Tripp und der Gefängniswagen waren die beiden einzigen Kutschen, die Timpo mit nur einem Zugpferd vertrieb. Alle anderen Kutschen waren mit mindestens zwei Zugpferden bestückt.


Zwei Doktorwagen im Vergleich: Die häufigere gelbe und die seltenere rote Farbvariante.

    


Die legendäre lindgrüne Postkutsche der ersten Version.


Postkutsche der zweiten Version mit grünem Dach, Kutschbock und Türen.

Planwagen mit schwarzem Fahrgestell: Eine völlig andere ungewöhnliche und seltene Kutschenversion tritt bei den Planwagen auf. Hier gibt es einige Exemplare, bei denen die Räder, Achsen, Deichsel, Kutschbock und sogar die beiden Wasserfässer aus schwarzem Kunststoff (anstelle des üblichen braunen) gefertigt sind. Außerdem ist die Wanne dieser Kutschen rotbraun und nicht wie gewöhnlich dunkelbraun gefärbt. Dieser Braunton der Wanne ist annähernd mit der Farbe für die normalen Fahrgestelle der Planwagen und auch anderer Kutschen zu vergleichen. Auch hier handelt es sich wieder um eine Kutsche der zweiten Version. Für den Planwagen gelten fast die gleichen Merkmale wie für die Postkutsche der zweiten Version. Anstelle des Daches muß hier noch der Kutschbock erwähnt werden. Die zweite Version hatte noch den "schlichten" Kutschbock ohne die drei senkrechten Streben an der Front des Fusskastens und ohne eine strukturierte Sitzfläche. Erwähnt werden muß, daß die Plane noch keine Ausbuchtungen für die Hinterräder des Wagens hatte, wie später bei der dritten Version.


Die beige Gefängniskutsche mit hellbraunen Rädern und grauem Fahrgestell.


Das Standardmodell der Gefängniskutsche mit der selteneren Variante des Zugpferdes.

Der lila Küchenwagen: Es handelt sich dabei eigentlich nur um die Wagenplane für diese Kutsche. Üblicherweise ist sie in verschieden Braun- oder Beigetönen zu finden. Das Farbspektrum reicht von beige bis in zu rötlichem braun. Wer Glück hat, kann die gleiche Plane auch in lila finden.


Der Küchenwagen mit der seltenen lila-farbenen Plane.


Fussnoten:

  1. vgl. SWOPPETS SPECIAL, März 1998, F. Heinzelmann, Seite 2-9, Selbstverlag.
  2. vgl. The A to Z of TIMPO, 1995, Michael Maughan, Seite 79.
  3. vgl. The A to Z of TIMPO, 1995, Michael Maughan, Seite 31.
  4. vgl. The A to Z of TIMPO, 1995, Michael Maughan, Seite 69.
 

Leserkommentare

Mitglied , 06.01.2004: Ich habe gerade eine Gefängniskutsche (Farbkomination hellblau, komplett schwarz) ersteigert und auch erhalten. Entgegen Ihrer Aussage hat diese Kutsche allerdings kein "Einzelzugpferd" sondern die normalen zwei Zugpferde. Genauere Untersuchungen an der Kutsche durch mich lassen keine Manipulationen (Umbauten) erkennen. Ich gehe davon aus, dass die Gefängniskutsche so produziert worden ist. Ausserdem enthält die Kutschbank eine Aussparung für den neueren Kutscher (Zapfen unter den "Hintern"). mfg Quellenberg

Mitglied , 16.05.2006: Hallo Herr Dittmann, hallo Herr Maul, 
 
ist Ihnen etwas bekannt über eine grün- bzw. türkisfarbene Ausführung des Gefängniswagens. Ich bin der Meinung, eine solche erstanden zu haben. Es läßt sich nichts feststellen, dass es sich hierbei um eine Verfärbung handelt, oder dass hier Farbe aufgetragen wurde. Im Forum habe ich hierzu ei nBild hochgeladen. Gerne stelle ich weitere Bilder per Email zur Verfügung. Wenn jeman etwas weiß bitte melden. 
MfG 
Jens Brockmann

Mitglied , 27.10.2006: Habe einen Kutscher für die Feuerwehrkutsche mit dunkelbraunem Helm!Helm ist absolut identisch mit dem normalen in weiss , nur das er dunkelbraun ist !

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