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Eugen Bauersachs - Teil 4 - verwehte Spuren

 

Im deutschen Wortschatz gibt es tausende von Sprichwörtern, die man zu den passenden Anlässen zitieren kann.

Zu meinem letzten Besuch im Hause von Eugen Bauersachs würde das Sprichwort: "Suchet, so werdet ihr finden." wie die Faust aufs Auge passen. Als meine Frau eine Börse im Coburger Kongresshaus besuchte, nutzte ich die Gelegenheit, um der Tochter des ehemaligen Hausser-Modelleurs einen weiteren Besuch abzustatten. Da ich nicht mit der Tür ins Haus fallen wollte, meldete ich meinen Besuch telefonisch an. Zunächst hörte ich, dass die Familie einen Ausflug nach Rodach plante und bereits am Vormittag wegfahren wollte. So musste ich alle Register ziehen und meinen Charme spielen lassen. Tatsächlich gelang es, dass mir die Dame des Hauses vorher noch einen Termin gewährte. Die Unruhe trieb mich an, und so lieferte ich meine Frau im Kongresshaus ab und machte mich auf den Weg in die Coburger Vorstadt. Nachdem ich den Klingelknopf gedrückt hatte, ging die Tür auf und die Dame des Hauses stand im schicken Kimono lachend in der Tür und bat mich hinein. Der freundlichen Einladung bin ich gerne und schnell gefolgt. Da ich bei der Ankündigung meines Besuches bereits erwähnte, worum es mir ging, und dass ich die letztens geschossenen Aufnahmen nochmals unter besseren Voraussetzungen wiederholen wollte, hatte sie einige Kartons und weitere Sachen zurechtgelegt.

Nun wurde ich von dem reichen Angebot an diversen Dingen zu Eugen Bauersachs doch überrascht. Es begann mit der Vorlage von Fotoalben, die ich voller Begeisterung durchblätterte. Da ging es Schlag auf Schlag. Als erstes fiel mir das Bild von Eugen Bauersachs am Schreibtisch auf. Ich durfte es herausnehmen und was stand drauf? In schöner deutscher Schrift: Im Atelier bei Firma Hausser. Das war eine echte Entdeckung, denn niemand in der Familie wusste von dem Bild. Weitere Bilder erregten ebenfalls mein Interesse. Eines zeigte ihn, als er 1936 mit seiner Kirmesmusik durchs Dorf marschierte. Dann war dort das etwas verblasste Bild, das er aus dem Feld seiner Frau zum 25. Geburtstag nach Hause geschickt hat. Derartige Bilder sind sicherlich nicht spektakulär, geben aber einen tiefen Einblick in das sensible Innere von Eugen Bauersachs. Wenn ich mir hierzu eine Bemerkung erlauben darf, so haben alle guten Modelleure die ich kenne, ein besonders ausgeprägtes künstlerisches Seelenleben, welches meist auch mit der Musik verbunden ist. Dass Modelleure schon im Entwicklungsstadium ein besonderes Gespür für Feinheiten zeigten, war allgemein bekannt und wurde früher mit ausgesetzten Stipendien belohnt. Ein späteres Bild, von einem durchreisenden Straßenfotografen aufgenommen, zeigt das Haus um 1936/38 im Blumenrahmen. Natürlich habe ich noch viele weitere Bilder gesehen. Diese gehen aber über den Sinn meiner Reportage, der Nachwelt den Menschen Eugen Bauersachs und dessen Leben und Wirken rund um die Elastolin Figuren zu konservieren, weit hinaus. Ein Bild hat es mir besonders angetan. Die letzte Aufnahme von Eugen Bauersachs. Wir sehen ihn wenige Monate vor seinem Tode, im Kreise zweier Musikfreunde.

Nachdem ich die Alben intensiv studiert hatte, drängte es mich in die Kartons zu sehen. Doch zunächst brachte die Tochter einen prächtigen Tiger, den ich schon zuvor in einer Vitrine bemerkt hatte. "Den hat der Vater bei Grisbach modelliert", erklärte sie mir. Das Kätzchen ist 45 cm hoch und in Unterglasur bemalt. Da mir diese Figur sehr gefallen hat, habe ich den Tiger abgelichtet, um ihn in dieser Reportage zeigen zu können. Flugs war sie wieder weg und kam mit zwei Figuren, die, wie ich vermute, kaum einem Elastolin Sammler unbekannt sein dürften. Es waren zwei Kerle, die eigentlich eines jeden Westernfreundes Vitrine schmücken sollten. Zunächst Old Shatterhand, wie er von Lex Parker dargestellt wurde. Die Größe der Figuren habe ich nicht gemessen. Sie ist an der kleinen 7 cm großen Figur gut abzuschätzen und dürfte wohl bekannt sein. Der freundlich winkende Winnetou hatte es mir angetan. Er war schwerer. Wahrscheinlich nicht aus Kunststoff. Ich vermute, dass es eine Art Kunstharz sein könnte.

Schabversuche an den Figuren verboten sich selbstverständlich und so bleibt nur die Vermutung und spätere Erkundung. Die Figur hatte einen glatten Sockelboden ohne Prägung, war aber klassisch bemalt. Auch die Gesichtsfarbe war aufgetragen. Das vorstehende Exponat scheint ein so genannter Musterabguss zu sein, so wie Figuren als Prototyp als Probe aus verschiedenen Materialien angefertigt und bemalt wurden. Weiter ging das Kramen in den Kartons und so habe ich die vorhandenen Wachsmodelle nochmals untersucht. Der unbekannte Indianer entpuppte sich nun als Indianerin mit Kind auf dem Rücken. Da die Wachsmodelle in Farbe so schlecht zu fotografieren sind, habe ich darum gebeten, diese Indianerfigur mit nach Hause nehmen zu dürfen. Dort habe ich eine Menge Versuche gemacht, um die Figur besser zu fotografieren. Letztendlich habe ich sie mit Talkum bestäubt und nochmals abgelichtet. Das Ergebnis dieser Bemühungen zeigt, dass wir es hier mit einem recht fleißigen Menschen zu tun hatten. Nun wissen wir heute auch, dass Eugen Bauersachs seit seinem Eintritt bei Hausser viele Figuren geschaffen hatte. Wir haben aber auch gelernt, dass es neben Weißbrodt, dessen Können und Wichtigkeit als Chefmodelleur bei Hausser nicht in Frage gestellt wird, auch einen Eugen Bauersachs gab, der ein ebenso wichtiger Modelleur und Könner war - und dass seine Geschichte und sein Wirken Wert sind aufgezeichnet und erhalten zu werden.

Er mag, wie die Exponate zeigen, in dieser Zeit manche vorher, wahrscheinlich von Telser geschaffene Figur der Massezeit, erneut überarbeitet haben. Sicher ist, dass Eugen Bauersachs Figuren, die schon 1925 im Katalog abgebildet waren, erneut modellierte und überarbeitete. Wahrscheinlich sind zu dieser Zeit neue Formen gemacht worden, oder es waren Modelle, nach denen die Formen der neuen Kunststofffiguren hergestellt wurden? Das Bord über dem Schreibtisch von Eugen Bauersachs war neben einer Fotografie seiner Frau, beständig mit einer ganzen Reihe von Modellen, an denen er arbeitete, angefüllt. Ungeachtet der teilweise vorhandenen Ton, Wachs, Gips oder Silikonmodelle haben sich auch original Elastolin Figuren aus Masse und Kunststoff erhalten.

Neben dem Gipsmodell des Afrikanischen Elefanten, welches Bauersachs besonders mochte, thronte der gleiche Elefant aus Masse im Regal. Daneben ein Greifvogel. Der Adler auf Stein, mit Blick nach links!

Der Platz hier reicht nicht aus, um alle Modelle, die ich in den Kartons sehen konnte, hier zu zeigen. Gerne hätte ich auch die eine oder andere Burg gezeigt, an der Bauersachs gearbeitet hatte. Aber die Wachsmodelle sind in der Firma geblieben und die sperrigen Halbteile zu größeren Burgen sind irgendwann aus dem Haus entfernt worden und auf den Sperrmüll geflogen. Bedauerlicherweise sind noch zu seinen Lebzeiten seine schriftlichen Unterlagen, Zeichnungen und Arbeitsbücher im Keller seines Hauses Opfer einer Überflutung geworden. Total durchgeweicht sind sie nach der Überschwemmung zunächst in einem Karton vergessen, dann verschimmelt und zu guter Letzt unbrauchbar auf dem Müll gelandet.

Ein Resümee zu meinem Bericht über Eugen Bauersachs und dessen Arbeit als Modelleur zu ziehen, erübrigt sich eigentlich. Es ist mir aber dennoch eine Genugtuung zu dem Thema Elastolin neues Hintergrundwissen - nun mal aus berufener und erster Quelle - beigesteuert zu haben. Ich darf für die Zukunft hoffen, dass sich auf dieser Grundlage eine neue und interessierte Diskussion entfacht, in der die Menschen, die diese kleinen Spielzeugfiguren erdacht und über all die vielen Produktionsstationen in die Kinderzimmer gebracht haben, neben diesen Figuren, als Mensch in den Blickpunkt gerückt werden. Andererseits geben mir die zustimmenden Worte von Sammlern Mut, daran zu glauben, dass ich mit meinem Beitrag den richtigen Weg beschritten habe.

Mit einer Kohle-Studie aus der Gewerbeschulzeit von Eugen Bauersachs - diese veranschaulicht nochmals das erweiterte Spektrum seiner professionellen Ausbildung - schließe ich meinen Beitrag zu einem "fast" vergessenen, bescheidenen Modelleur - Eugen Bauersachs.

    
Datum: 02.08.2006
Autor: Erich Leistner
Fotos: Erich Leistner


Eugen Bauersachs an seinem Arbeitsplatz


Kirmesmusikant Bauersachs, 1936


Eugen Bauersachs als Angehöriger der Panzertruppe


Wohnhaus der Familie Bauersachs um 1936


Die "letzte Aufnahme" von Eugen Bauersachs


Wachsmodell der Indianerin mit Kind


Kohlezeichnung von Eugen Bauersachs

 

Leserkommentare

Mitglied , 06.08.2006: Sehr geehrter Herr Leistner, ein wirklich hochinteressanter Bericht in dem man die Spannung bei ihrer Forschungsreise gut nachfühlen kann. Lassen Sie uns (die Sammlergemeinde), mit Ihren Berichten, noch an vielen weiteren Exkursionen teilhaben.  
Freundliche Sammlergrüße aus Hessen

Mitglied , 19.10.2006: Hallo Herr Leistner, wirklich ein sehr guter Bericht da müßte man ein Buch daraus machen mit mehr Fotomaterial. Besonders mit Musterstücken wie zum Beispiel die Indianerin aus Wachs und vor allen wie sich der Beruf zusammensetzte. Material, Werkzeug, Technik und dergleichen 
 
Gruss Roland Wölllner

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