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In Gedenken an Fritz Dörr

 

Fritz Dörr ist tot. Eine Nachricht die bei denen, die ihn kannten, trotz seines hohen Alters, mit Trauer und Überraschung aufgenommen wurde.

Fritz Dörr war der leitende Meister in der Schreinerei sowie der Holzverarbeitenden Abteilung des Werkes II bei O.M.Hausser in Neustadt und einer der letzten Betriebsleiter des Gesamtwerkes. Manch einer wird fragen, wer ist nun Fritz Dörr? Anderen Sammlern ist der Name sicherlich irgendeinmal untergekommen. Für den Kenner der Haussergeschichte ist Fritz Dörr sicherlich als Betriebsleiter geläufig. Doch für mich ist mit Fritz Dörr wahrscheinlich derjenige Lehrmeister verstorben, dem ich das meiste Wissen um die alten Hausser -Techniken verdanke. Tauchen wir ein, in die einzigartige Lebensgeschichte eines Menschen mit viel Herz. Hans Dörr entstammt einer alteingesessenen Nürnberger Handwerkerfamilie. Er wurde am 17.9.1907 als viertes von fünf Kindern des Mechanikermeisters und Blechspielwaren-Fabrikanten Hans Dörr und seiner Frau Babette in Nürnberg geboren. Als am 2. Sept. 1914 der erste Weltkrieg ausgebrochen war, wurden der Vater und der erstgeborene Sohn Anfang 1915 zum Militär eingezogen. Da die Mutter den Betrieb alleine nicht weiter führen konnte, verkaufte der Vater Hans Dörr 1917 den kompletten Betrieb an die Firma Hausser in Ludwigsburg.

Im Kaufvertrag wurde die Zusage verankert, dass Hans Dörr nach Beendigung des Krieges als leitender Angestellter übernommen werden sollte. Aus diesem Grund wurde 1917 ein Umzug der Familie Dörr nach Ludwigburg vollzogen. 1922 aus der Schule entlassen, erlernte Fritz Dörr in der Bau- und Möbelschreinerei Gustav Dorn das Schreinerhandwerk. Die Gewerbeschule Ludwigsburg bestätigte ihm 1924 ausgezeichnete Kenntnisse und jährlich wiederkehrende Belobigungen und Preise. Der Geruch von Holz und der Umgang mit Hobel und Stemmeisen hatten es ihm angetan. Im Jahre 1935 legte er die Gesellenprüfung für das Schreinerhandwerk ab. Als Geselle arbeitete er weiterhin im Lehrbetrieb. 1932 legte er die Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Stuttgart mit Auszeichnung ab. Auf Grund der Wiederbewaffnung des Deutschen Heeres bekam Hausser die Kasernengebäude in Ludwigsburg, die sie als Fabrikationsgebäude nutzten, gekündigt. 1936 erfolgte der Umzug der gesamten Firma mit 300 Eisenbahn-Waggons in die Bayerische Puppenstadt Neustadt bei Coburg. 1935 erhielt Fritz Dörr ein Angebot der Firma Hausser, bei der auch sein Vater Hans Dörr als Betriebsleiter und zwei weitere Brüder, Hans und Andreas, als Abteilungsleiter beschäftigt waren. Fritz Dörr übernahm dort die gesamte Leitung der Holzabteilung. Das Werk II mit Schreinerei, Spritzerei und Modellbau waren die ersten Abteilungen, die im März 1936 den Betrieb aufnahmen. Diesem Umstand widmete die Tageszeitung zwei volle Sonderseiten.

 

Tageblatt, Sonderseite 31.März 1933, daraus zwei Fotos aus der Holzabteilung, wo gerade Roller und Dreiräder gefertigt werden. Auf dem unterem Bild, die hintere Person im dunklen Kittel, ist Fritz Dörr.

 

Fritz Dörr war ständig in den Arbeitssälen präsent. Er schwebte fast mit wehendem Kittel zwischen den Maschinen um da und dort Anweisung oder Ratschläge zu geben. Sein Württemberger Dialekt war für uns Neustädter fast wohlklingend und wurde schmunzelnd aufgenommen. Wenn ein Sammler heute stolz Bauernhöfe und andere Holzprodukte der Firma Hausser betrachtet, sollte er bedenken, daß auch die bekannten Roller und Kinder - Dreiräder von Hausser dazu gehören. Fritz Dörr hatte als leitender Abteilungsleiter organisierend, planend und leitend ein waches Auge auf all diese blau-rot-gelben Holz-Erzeugnisse.

Fritz Dörr war zu allen Zeiten ein echter und großer Bastler und Tüftler. Auch in seiner privaten Werkstatt verbrachte er viel Zeit. Die Ergebnisse dieser privaten Versuche hatten wiederum großen Einfluß auf das Schaffen im Betrieb. Gerne erdachte und probierte er dort irgendwelche Spielzeugteile, bevor sie in Produktion gingen.

Als Hausser in Konkurs ging war dies für Fritz Dörr eine Tatsache die er nur schwer zu verdauen schien. Im Seniorenheim zu Sonnefeld verlebte Fritz Dörr die letzten Jahre seines Lebens. Geistig noch auf der Höhe wurde er nicht müde an irgendetwas zu basteln.

    
Datum: 07.12.2005
Autor: Erich Leistner
Fotos: Erich Leistner

Im Oktober 2005 ist er nach kurzem Aufenthalt im Landkrankenhaus Coburg sanft eingeschlafen und auf dem Friedhof Ebersdorf bei Coburg zur letzten Ruhe gebettet worden. Ich denke, dass mit seinem Tod einer der großen Gestalter der weltbekannten Spielwarenfabrik O. M. Hausser verstorben ist. Wir erweisen der Familie Dörr unser tief empfundenes Beileid.

 

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